Antworten auf oft gestellten Fragen

Allgemeine Themen

Warum braucht es Rhesi?

Das Entwicklungskonzept Alpenrhein der Regierungskommission Alpenrhein zeigt, dass der Rhein auf der Internationalen Strecke zwischen Österreich und der Schweiz gegenüber seinem Oberlauf ein Defizit im Bereich Abflusskapazität aufweist. Nach Bekanntwerden dieser Ergebnisse haben die Staaten Österreich und Schweiz die Internationale Rheinregulierung mit der Ausarbeitung eines Projekts zur Erhöhung der Abflusskapazität beauftragt. Dieses Projekt heisst Rhesi - Hochwasserschutz fürs Rheintal.

Heute können die Dämme einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) standhalten. Nach der Umsetzung des Projekts Rhesi ist die Abflusskapazität sogar für ein 300-jährliches Hochwasser (HQ300) gegeben. Das Rheintal hat sich wirtschaftlich sehr stark entwickelt. Das Schadenpotential im Hochwasserfall liegt bei rund zehn Milliarden Franken / 8.6 Milliarden Euro. Im Zuge der Vorbereitungsarbeiten des Projekts Rhesi wurde zudem festgestellt, dass Dammsanierungen notwendig sind. Die Dämme sind in die Jahre gekommen und müssen erneuert oder saniert werden.

Warum wird auf 4'300 m³/s Wasser ausgebaut (300-jährliches Hochwasser)?

Die 4'300 m³/s Wasser, auf die der Rhein ausgebaut wird, setzen sich aus der Wassermenge des Rheins im Abschnitt „Landquart – Illmündung“ zuzüglich den Zuflüssen Ill und Frutz zusammen. Die Wassermenge eines 300-jährlichen Hochwassers im Bereich Landquart – Illmündung ist in der Grössenordnung von 2'600 m³/s (Domat/Ems) bis 3'350 m³/s (Bad Ragaz). Dieser Abschnitt ist bereits auf diesen Wert ausgebaut und leitet daher sämtliches Wasser in die darunterliegende Strecke ab. An den grossen Gewässern der Schweiz ist die Ausrichtung des Hochwasserschutzes auf ein 300-jährliches Ereignis heute ein Standardwert. Begründet wird dies insbesondere durch die Schadenbilanz. Ein massives Hochwasser im Rheintal würde Schäden in der Höhe von rund zehn Milliarden Franken (8.6 Milliarden Euro) verursachen (Schadensschätzung 2017). Das hat mit der dichten Besiedelung beidseits des Rheins zu tun. Erschwerend kommt hinzu, dass die heutigen Hochwasserschutzdämme grossteils zwischen 1860 und 1880 erbaut und seitdem ständig erweitert wurden. Es besteht Sanierungsbedarf.

Man liest oft von HQ100, HQ300 oder EHQ im Zusammenhang mit dem Projekt Rhesi. Was heisst das?

HQ100 ist ein Hochwasserereignis, welches laut Statistik alle 100 Jahre vorkommt. Am Rhein bedeutet das, dass 3'100 m³/s Wasser abfliesst. HQ300 ist ein Hochwasserereignis, welches im Schnitt alle 300 Jahre vorkommt und umfasst am Rhein rund 4'300 m³/s. Ein EHQ ist ein sehr seltenes Extremhochwasser. Man rechnet bei einem EHQ mit einem Wasserabfluss von 5'800 m³/s. Historische Quellen belegen HQ300 Ereignisse in der Vergangenheit. Ein EHQ wurde nach jetzigem Kenntnisstand nie verzeichnet.

Was passiert, wenn ein grösseres Hochwasser kommt und die Dämme trotz Projekt Rhesi überflutet werden?

Ziel des Projekts Rhesi ist es, die Abflusskapazität von 3100 m3/s auf 4'300 m3/s zu erhöhen. Bei grösseren Hochwässern muss die Bauwerksicherheit gewährleistet sein, das heisst, es darf zu keinen Dammbrüchen kommen. Mit Entlastungsräumen und Notfallmassnahmen sollen die Schäden im Überlastfall so gering wie möglich gehalten werden.

Wer war alles in die Planung involviert?

Die Planung wird von der Internationalen Rheinregulierung im Auftrag der Staaten Österreich und Schweiz durchgeführt. Dabei werden die Anliegergemeinden im Rheintal, die verschiedenen Akteure (Anspruchsgruppen) und Interessensvertreter in einem partizipativen Prozess eingebunden.

Welche Varianten wurden bei der Planung des Projekts Rhesi geprüft?

In der Projekterarbeitung wurden verschiedene Varianten geprüft: die Verschiebung oder Abtragung der Mittelgerinnewuhre, Dammerhöhungen, Sohlenabsenkungen und Aufweitungen von einem Aussendamm zum anderen. Schlussendlich war das Konzept mit den Kernlebensräumen die Variante, welche die verschiedenen Ansprüche am besten zu berücksichtigen vermag und wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

Was passiert mit der bestehenden Infrastruktur am Rhein?

Derzeit laufen Abstimmungen mit den Gemeinden über die bestehende Infrastruktur. Dies betrifft z.B. Parkplätze Am Rhein. Weitere Infrastrukturen, wie z.B. der Fussballplatz in Lustenau werden verlegt. Das Fussballstadion in Lustenau wird von der Gemeinde neu geplant wie auch das Trainingszentrum Lustenau. Dort entstehen neue Fussballplätze.

Müssen die Brücken wegen Projekt Rhesi umgebaut / erhöht werden?

Nein, bei den meisten Brücken ist das ist nicht notwendig. Die Dämme bleiben auf gleicher Höhe. Bei einzelnen Brücken (z.B. Wiesenrainbrücke oder Brücke Höchst-Lustenau) muss das Tragwerk angehoben werden. Dies wäre aber auch ohne Projekt Rhesi notwendig, um den jetzigen Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasser (HQ100) zu erreichen. Aus diesem Grund wird auch die neue Brücke Hard-Fussach höher gebaut.

Woher kommt das Baumaterial?

Das Baumaterial – hauptsächlich handelt es sich um grössere Steine (Wasserbausteine) - soll möglichst lokal beschafft werden. Wir wissen, dass es im Rheintal Steinbrüche gibt, die solche Steine liefern können. Zudem soll auch bestehendes Material wiederverwendet werden. Sollten es zu wenige sein, müsste auch von weiter weg Baumaterial angeschafft werden.

Wie wird die Dammsicherheit während des Baus sichergestellt?

Hauptsächlich wird im Winterhalbjahr – bei Niederwasser – gearbeitet. Die Baustellen sind immer so ausgerichtet, dass die Hochwassersicherheit innert kurzer Zeit wiederhergestellt werden kann. Die Wetterprognosen werden sowohl für das Rheintal wie auch für das Rheineinzugsgebiet genau beobachtet. Zudem werden die Bauabschnitte möglichst klein gehalten. Der genaue Bauplan ist allerdings noch nicht bekannt.

Wo sind die Kiesentnahmestellen und warum braucht es die?

Der Rhein transportiert natürlicherweise viel Geschiebe (Kies, Sand) aus den Bergen Richtung Bodensee und lagert es auf dieser Strecke ab. Würde dieses nicht regelmässig entfernt, würde die Sohle des Rheins ansteigen und die Abflusskapazität sinken. Geplant sind daher Entnahmestellen in den Bereichen Rüthi, Diepoldsau und Fussach (bisherige Entnahmestelle).

Wer profitiert von den Material-Entnahmen?

Die Entnahmen werden öffentlich ausgeschrieben und der Bestbieter wird für eine bestimmte Vertragsdauer jeweils den Zuschlag erhalten. Die Einnahmen fliessen in die Rechnung der IRR und werden für den Unterhalt verwendet.

Mit wie viel Material-Entnahmen wird im normalen Betrieb mit Rhesi durchschnittlich pro Jahr gerechnet?

80'000 – 100'000 m3 Sand und Kies pro Jahr. Dies entspricht in etwa der heutigen Entnahmemenge an der Mündung.

Wem gehört der Boden, der für Projekt Rhesi genutzt werden soll?

Die Flächen, die dafür verwendet werden, sind im Eigentum der Republik Österreich (sogenannte ÖWG-Flächen) und auf Schweizer Seite im Eigentum des Kantons St. Gallen und werden dort voraussichtlich als Gewässerraum definiert. Das heisst, die Flächen sind auf beiden Seiten des Rheins für das Gewässer vorgesehen und nicht für eine andere Nutzung. Die jetzige landwirtschaftliche Bewirtschaftung (Schnitt, teilweise Beweidung) hat den Zweck die Abflusskapazität zu erhalten. Dies ist in Zukunft in dieser Form nicht mehr erforderlich.

Wie hilft das Projekt Rhesi der Ökologie des Rheins?

Je nachdem wie breit der Rhein in Zukunft fliesst, entstehen neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Das können Steilufer, Kiesinseln, Auwälder oder Stillwasserzonen sein. Manche Lebensräume wie Auenwald entstehen erst bei sehr grossen Breiten. Damit möglichst viele dieser Lebensräume im Rhein wieder vorhanden sind und somit vielen Tier- und Pflanzenarten wieder heimisch werden können, werden abschnittweise grössere Aufweitungen geplant, die Kernlebensräume genannt werden.

Welches Gesetz fordert den ökologischen Ausbau bei einem Hochwasserschutzprojekt am Rhein?

In Österreich sind es das Wasserrechtsgesetz und die Wasserrahmenrichtlinie. In der Schweiz handelt es sich um das Wasserbau- sowie Gewässerschutzgesetz.

Was ist ein Kernlebensraum?

Die drei geplanten, grösseren Aufweitungen bei Oberriet-Koblach, Kriessern-Mäder und Lustenau-Widnau werden Kernlebensräume genannt. Der Rhein wird dort 300 - 400 m breit. In diesen Bereichen können sich Stillwasserzonen und Auwaldflächen entwickeln. Diese Zonen kommen einem natürlichen Flussverlauf am nächsten und lassen viele verschiedene Lebensräume für diverse Lebewesen entstehen.

Hat es schon massive Schadensereignisse gegeben?

Bis 1892 gab es regelmässig schwere Überschwemmungen im Rheintal. Seither konnten diese drastisch reduziert werden. Das letzte grosse Schadensereignis fand 1927 mit dem Dammbruch in Schaan statt. 1987 ist der Damm im Bereich Fussach (Österreich) gebrochen, zum Glück waren aber weder Menschen noch Gebäude betroffen, die Stelle lag sehr nahe am Bodensee.

Wurden im Projektgebiet in der Vergangenheit schon Massnahmen gegen Hochwasser getroffen?

Ja, natürlich. Für die Hochwassersicherheit dieses Abschnittes ist seit 1892 die IRR (Internationale Rheinregulierung) zuständig. Der Hochwasserschutz wurde seither schrittweise ausgebaut. Derzeit ist eine Abflusskapazität von 3'100 m³/s gewährleistet, das entspricht einem hundertjährlichen Ereignis. Wir werden diese auf 4'300 m³/s erhöhen, was einem 300-jährlichen Ereignis entspricht.

Wenn man die Vorländer wegbaggert, was passiert mit dem Materialüberschuss?

Um möglichst Transporte zu verhindern, wird der überwiegende Teil des Material abgeschwemmt, das heisst der Rhein transportiert es mit. Das restliche Material wird unterschiedlich verwertet. Ein Teil kann für Bodenverbesserungen in der Landwirtschaft gut genutzt werden, ein Teil für den Dammbau, ein sehr kleiner Teil muss deponiert werden.

Gibt es ähnliche Projekte wie Rhesi, die bereits abgeschlossen sind?

Ja, es gibt ähnliche Projekte, die abgeschlossen oder in Umsetzung sind. Beispielsweise wurde die Drau, ein Nebenfluss der Donau, aufgeweitet. Auch der Lech wurde massiv verbreitert. An der Thur in der Schweiz gab und gibt es diverse Projekte. Ein weiteres grosses Projekt ist die Rhône-Aufweitung in der Westschweiz. Die internationale Rheinregulierung tauscht sich mit diesen Projekten aus und die gesammelten Erfahrungen fliessen ins Projekt Rhesi ein.

Wie hoch ist die Lebensdauer der durch Projekt Rhesi umgesetzten Massnahmen?

Die Erfahrung zeigt, dass wasserbauliche Projekte rund 80 bis 100 Jahre Bestand haben. Dafür sind aber konstante Unterhaltsarbeiten notwendig. Die Planer haben diese Vorgabe auch für das Projekt Rhesi zu berücksichtigen.

Das Projekt ist länderübergreifend - wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Der länderübergreifende Aspekt ist tatsächlich eine besondere Herausforderung. Es müssen in allen Bereichen immer zwei Rechtslagen oder Normenwerke berücksichtigt werden. Die Zusammenarbeit funktioniert durch die gemeinsame Organisation aber tadellos. Nicht zuletzt dank der beiden Rheinbauleiter (einen schweizerischen und einen österreichischen), die in den Verwaltungen des Landes Vorarlberg und des Kantons St. Gallen gut verwurzelt sind und die Projektleitung unterstützen.

Warum dauert die Planung von Rhesi so lange?

Die lange Planungsdauer des Hochwasserschutzprojekts hat mehrere Gründe:

  • die Grösse des Projekts: das Projekt erstreckt sich über 26 km und 15 Gemeinden
  • die Komplexität des Projekts: es hat nicht nur Auswirkungen auf die Hochwassersicherheit sondern auch auf die Trinkwasserversorgung (19 Brunnen), den Bodensee, Fahrradrouten, Brücken und die Landwirtschaft
  • die Zweistaatlichkeit: die Lösung muss den Gesetzen auf beiden Seiten entsprechen und es braucht einen neuen Staatsvertrag,
  • die Genehmigungsverfahren fordern Antworten auf sämtliche Fragen und Zustimmung aller Beteiligten.